23.10.2016 17 Uhr

"Triumphzüge, Außenseiter und Narren. Humanistische Kampfschriften in Text und Bild", Sonntagsvortrag von Dr. Matthias Dall`Asta, Heidelberg


Bretten Melanchthonhaus Gedächtnishalle

 

Die Gedankenwelt der mittelalterlichen Scholastik wurde in den bewegten Jahren um 1500 nicht einfach still zu Grabe getragen, sondern lieferte sich erbitterte Rückzugsgefechte mit dem erstarkenden Humanismus. Humanistische Satiren wie Sebastian Brants "Narrenschiff", das "Lob der Torheit" des Erasmus von Rotterdam oder die anonymen "Dunkelmännerbriefe" rechneten mit einer als rückständig und verschroben empfundenen Gelehrsamkeit und einer weitverbreiteten Scheinheiligkeit ab, indem sie ihr gleichsam die Narrenkappe aufsetzten. Dieser mit oft harschen Worten und nicht minder drastischen Bildern geführte Streit bestimmte die frühe Phase der Reformation entscheidend. In einer von Repressionen und physischer Gewalt geprägten Gesellschaft konnten Außenseiter leicht in ein existenzgefährdendes Abseits geraten. Zeitgenössische Illustrationen, die als Mittel im Meinungskampf dienten, imaginierten nicht selten genüsslich die Verstümmelung, Vierteilung oder Verbrennung des unterlegenen Gegners und verdeutlichen auf diese Weise das Gewaltpotenzial einer Auseinandersetzung, die von den Universitäten ausging und bald auch die Kirche und die gesamte Gesellschaft ergriff. Der Vortrag eröffnet Perspektiven auf die humanistische Gesellschaftssatire, ihre bildliche Repräsentation sowie ihren theologischen und kulturpolitischen Hintergrund.

 

 

 

 


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