Kindheit und Studienjahre

Philipp Melanchthon verbrachte seine Kindheit und Jugend in vier Städten des heutigen Baden-Württemberg - Bretten, Pforzheim, Heidelberg und Tübingen. Als Philipp Schwartzerdt kam er am 16. Februar 1497 in Bretten zur Welt.

Vor dem großelterlichen Haus am Brettener Marktplatz unterhielt sich das sprachbegabte Kind bald mit durchreisenden Studenten auf Latein. Melanchthons erste Kontakte mit dem Humanismus entstanden schon in Bretten. In Pforzheim, wo er nach dem Tod von Vater und Großvater ein knappes Jahr lebte, wurden diese intensiver: Unter dem Einfluß seines Verwandten Johannes Reuchlin, einem der bedeutendsten Humanisten dieser Zeit, festigte sich das Interesse an alten Sprachen und der klassischen Literatur. Reuchlin war von den Griechischkenntnissen des Jungen, die dieser in der angesehenen Pforzheimer Lateinschule erworben hatte, so angetan, daß er ihm den Namen "Melanchthon" gab, die griechische Übersetzung des Familiennamens "Schwartzerdt".

Keine 13 Jahre alt begann Melanchthon in Heidelberg sein Studium. Als ihn drei Jahre später seine Professoren nicht zur Magisterprüfung zuließen, weil sie ihn für zu jung hielten, wechselte er an die Universität nach Tübingen und machte dort seinen Magister. In Tübingen befaßte sich Melanchthon auch mit Geschichte, Mathematik, Astronomie und den Naturwissenschaften, doch sein Hauptgebiet blieben die alten Sprachen: Eine Werkausgabe des römischen Komödiendichters Terenz, die er 19-jährig veröffentlichte, und seine griechische Grammatik fanden europaweit Aufmerksamkeit.



Melanchthon am Marktbrunnen im Gespräch mit fahrenden Schülern.
 


Johannes Reuchlin, Georg Christoph Schmidt,
18. Jahrhundert, Radierung

Johannes Reuchlin (1455—1522) war Humanist, Philologe, Hebraist und christlicher Kabbalistiker. Melanchthon lernte unter Reuchlin in Pforzheim Latein. Reuchlins Nachruhm als "Begründer der christlichen Hebraistik" und "abendländischer Archeget der wissenschaftlichen Kabbalistik" beruht auf seiner Grammatik "De rudimentis hebraicis", Pforzheim 1506, und seinen kabbalistischen Werken "De verbo mirifico", Basel 1494, und "De arte cabalistica", Hagenau 1517. Sein Nachwirken auf intellektuelle Traditionen bis in die Gegenwart kann kaum überschätzt werden. In seinen Jugendjahren bestand zwischen Melanchthon und Reuchlin ein besonderes Verhältnis.



Melanchthon verfaßte sein erstes Werk, eine griechische Grammatik, bereits 1518 in Tübingen (hier: Auflage von 1528). Sie erschien in vielen Auflagen und hat den Schulunterricht bis zum Anfang des 18. Jh. beeinflußt.

1516 erschien Melanchthons Ausgabe des römischen Komödienautors Terenz. Sie war höchstwahrscheinlich das Ergebnis einer Vorlesung des jungen Tübinger Dozenten. Terenz gehörte zu den Lieblingsautoren der Humanisten; seine Stücke wurden von den Schülern und Studenten häufig aufgeführt. Ihn auswendig zu lernen hat Melanchthon auch später als eine wichtige Aufgabe des Lateinunterrichts angesehen.

Vor allem Melanchthons Einführung in die Terenz-Ausgabe erregt bis heute große Bewunderung, da sie einen breit gefächerten und glänzend geschriebenen Überblick über die griechische und lateinische Komödiengeschichte gibt. Im gleichen Jahr äußerte Erasmus ein emphatisches Lob über den jungen Wissenschaftler: "Beim unsterblichen Gott, welche Hoffnung erweckt nicht auch Philipp Melanchthon, dieser junge Mann, da dieser Knabe, bewundernswert beinahe gleichermaßen durch beide Sprachen! Welcher Scharfsinn der Erfindung! Welche Reinheit und Zierlichkeit der Sprache!"

Der Text und die Vorreden von Melanchthons Terenz-Ausgabe sind vielfach nachgedruckt worden: Über 120 Ausgaben bis Anfang des 17. Jahrhunderts konnten bislang nachgewiesen werden. Auch außerhalb von Deutschland war rege Nachfrage vorhanden.



Eine Terenz-Ausgabe von 1540



Desiderius Erasmus von Rotterdam
Albrecht Dürer, 1526
Kupferstich

Desiderius Erasmus von Rotterdam (1466/67—1536) war Theologe und Humanist. Er hatte zahlreiche Verbindungen zu den führenden Humanisten in Europa und war Autor vielfältiger philologisch-rhetorischer, pädagogischer, geistlicher, exegetischer, katechetischer und moralphilosophischer Werke. Erasmus setzte sich für eine Reform der Kirche ein, lehnte jedoch die Reformation ab. In das Geschehen der Reformation geriet er aus Anlaß des Streites mit Martin Luther über die Willensfreiheit, ein Ereignis, das auch sein ursprünglich positives Verhältnis zu Philipp Melanchthon trübte.






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