Am Freitag, 14.02.2025 eröffnete Professor Dr. Christian Neddens mit seinem Vortrag „Was hält die Gesellschaft zusammen?“ das Festwochenende anlässlich Philipp Melanchthons 528. Geburtstag. Samstags begeisterte dann das Trio Animato beim Melanchthonkonzert mit barocken Werken von Rameau und Telemann, bevor sich am Sonntag Brettenerinnen und Brettener zum Gedenkgottesdienst im Melanchthonhaus versammelten.
Für den Festvortrag kamen zahlreiche Interessierte ins Melanchthonhaus, um dem kurzweiligen Vortrag des Direktors der Melanchthon-Akademie zu lauschen. Professor Neddens zog nicht nur Parallelen zwischen der heutigen Zeit und Melanchthons Lebenswelt vor 500 Jahren, sondern beleuchtete auch zentrale gesellschaftliche Fragen vergangener Jahrhunderte.
Er begann mit einem aktuellen Bezug: der bevorstehenden Bundestagswahl. Diese werfe die grundlegende Frage auf, was unsere Gesellschaft eint oder spaltet – eine Debatte, die durch den Zusammenbruch der Ampelkoalition, den intensiven Wahlkampf und die ungewisse Regierungsbildung nach der Wahl zusätzlich an Brisanz gewinne.
Die Aktualität des Themas zeigte sich auch in der historischen Rückschau: Der Bauernaufstand von 1525 – besonders im Südwesten des Reichs und in Thüringen – war eine Reaktion auf tiefgreifende gesellschaftliche Umbrüche, die um 1500 alle Bevölkerungsgruppen erfassten und die Einheit von Reich und Gesellschaft in politischer, sozialer und religiöser Hinsicht herausforderten.
In seinem Vortrag beleuchtete Professor Neddens sowohl äußere als auch innere Voraussetzungen für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Äußere Faktoren wie neue Formen der Informationsverbreitung oder die Verschiebung von Machtverhältnissen spielten dabei eine ebenso wichtige Rolle wie innere Aspekte: Bildung als Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe und der Dialog als wesentliches Element für gesellschaftliche Verständigung – zentrale Anliegen von Philipp Melanchthon.
Die Frage „Was hält unsere Gesellschaft zusammen?“ zieht sich als Leitmotiv durch die Veranstaltungen des Melanchthonhauses im Jubiläumsjahr 500 Jahre Bauernkrieg. Denn viele damalige Fragen sind bis heute relevant:
Wie kann allen Menschen gesellschaftliche Teilhabe und Mitbestimmung ermöglicht werden? 1525 forderten die Bauern politische Mitsprache – was sind heute die Voraussetzungen für gesellschaftlichen Konsens? Was verbindet uns als Gesellschaft? War es 1525 die Religion – was ist es heute? Wie gehen wir mit gemeinschaftlichen Ressourcen um? Damals mit den Allmenden, Wald und Heide, heute mit Wasser, Luft, Sonnenenergie, fossilen Brennstoffen, Naturlandschaften und Biodiversität?
Im Anschluss an den Festvortrag diskutierten die Teilnehmenden des ersten Brettener Stadtgesprächs – Susanne Christ (stellvertretende Schulleiterin des Melanchthon-Gymnasiums Bretten), Noemie Funke (Bundesfreiwilligendienst Maulbronn) und Dekanin Ulrike Trautz (ev. Dekanat Bretten-Bruchsal) – aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen und ihre persönlichen Erfahrungen mit der Intensität politischer Auseinandersetzungen.